|
|
die ersten zeilen von Bernhard Fuchs
|
|
student:
Du möchtest wissen, warum er das macht?
Er ist hiergeblieben. Im übrigen hat er schon immer alles einfach vor sich hergeschoben. Wie jetzt als Rikshafahrer seine Fahrgäste - aber dabei geht wenigstens etwas weiter. Du hättest ihn kennen sollen. Die süßesten Vöklabruckerinnen verschlangen ihn mit ihren Augen. Aber er war schon immer ganz wo anders. Jenseits von Raum und Zeit. Er ist einfach hiergeblieben.
Ja, das war unsere Maturareise. Vielleicht bin ich die Einzige, die ihn noch besucht.
Du denkst, diese lächerliche rote Fahrradriksha sei sein einziger Besitz? Da täuschst Du Dich. Sie gehört ihm nicht. Ob Hermann glücklich ist? Er hat seinen Humor nie verloren. Jetzt lernen die Strassenkinder von ihm innviertlerisch schneuzen. Damit schockieren selbst sie ihre Eltern. Ja so in die Hand hinein und dann über die Stirn fahren. Die Haare schön zurecht streichen - wie Brillantine. Sieht aus, als ob eine schleimige Schnecke von der Nase hochgekrochen sei, mit diesem Spruch hat er lachend dieses Schauspiel beendet. Es wirkt fast echt. Das macht er noch immer. Ich glaube er beherrscht die Sprache perfekt. Er war ein schweigendes Sprachgenie. Meist verschlossen, aber wenn er etwas von sich gegeben hat, hätte man es am liebsten gleich mitgeschrieben.
Übrigens war er in Wirklichkeit ein Reinlichkeitsfanatiker. Vor Rotz hat ihm geekelt - ich hatte einmal einen furchtbaren Schnupfen und kein Taschentuch bei der Hand. Ganz blaß ist er geworden. Der arme Hermann. Damals war ich verliebt in ihn. Er muß seine Phobie wohl gründlich überwunden haben, wie könnte er sonst in dieser Kloake leben. Riechst Du das?
|
|
kommentar von martin amanshauser |
dieser text hat nicht 600, sondern zur abwechslung 1.600 zeichen. es freut mich, wenn viel gearbeitet wird, aber die übungsvorgabe ist eiegtnlich überhaupt nicht mehr eingehalten. (gilt nicht nur für diesen text.) mir gefällt hier das ironische: die süßen vöcklabruckerinnen; innviertlerisch schnäuzen; schnecke vor der nase, schweigendes sprachgenie. aus diesen elementen bestehen gute texte. da kann man noch viel mehr machen. was ich nicht mag: „jenseits von raum und zeit.“ und alles rhetorische: „im übrigen.“ oder „Übrigens war er in Wirklichkeit ...“ und: der letzte absatz. inhaltlich schon. stilistisch eher schleißig. kann aber sein, dass auf etwas verwiesen werden soll, was ich noch nicht kenne.
|
|