die ersten zeilen von laura pen
 

student:

Ich stand vor dieser scheußlichen Kreuzung. Der Verkehr floss von allen vier Richtungen ineinander und an den Rändern auseinander, wie ein Stern, der zerfließt und wieder zusammenwächst. Sobald ich gehen wollte, wälzten sich neue Motorfahrrad-Schlangen aufeinander zu. Ich zuckte den einen Schritt, den ich schon gemacht hatte, zurück.

Irgendwann muss die verdammte Straße gequert werden. Man kann die Stadt nicht kennen lernen, wenn man immer auf der gleichen Straßenseite bleibt. Obwohl, warum eigentlich nicht? Ich könnte von den üblichen Routen abweichen, und mich von einer einzigen Regel leiten lassen, nämlich nie über die Straße.

Ich wandte mich nach links, bald kam ich an eine Kreuzung. Wieder ging ich links und nun hatte ich begriffen. Ich bewegte mich im Kreis, gelangte spiralförmig in einen immer kleiner werdenden Radius. Schließlich stand ich am Ausgangspunkt. In Wirklichkeit war ich um einen Häuserblock gegangen. Auf diese Weise würde ich nirgendwohin kommen.


 
kommentar von martin amanshauser

okay, es sind jetzt immerhin knapp unter 1000 zeichen, von den 600 aus der vorgabe sind wir weit entfernt, aber lassen wirs halt gut sein.
den vorletzten satz im text finde ich unnötig, sonst halte ich das gebilde für perfekt.
der text ist präzise geschrieben, er folgt einer klaren leitidee, er hat einen packenden rhythmus, er ist lebendig und anschaulich, man kann sich die szene vorstellen.
genial ist diese einzige regel, "nämlich nie über die straße." da fehlt ja das verb! und gerade das macht es so plastisch.
einwenden könnte man vielleicht, dass der text ein bisschen langweilig ist. aber das ist nur meine persönliche meinung. ich muss ja alles miesmachen. ansonsten: bin ich begeistert.

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