die ersten zeilen von Dörte Hartmann
 

student:

Anmerkung für die "Antwortmaschine": Ihre Kommentare erscheinen zwar manchmal etwas hart, aber dadurch regen sie zum Nachdenken an. So kann ich mich langsam einem gewissen Verständnis annähern und habe wirklich das Gefühl, etwas gelernt zu haben. Vielen Dank für die Mühe, die sie mit uns so haben :-).

Text III/2. Version
Es gibt wenige Eigenschaften, die mich als typische Deutsche ausweisen. Ein Blick auf meinen Schreibtisch z.B. verbannt das Image des ordnungsliebenden Germanen endgültig in die Schublade der Fabeln und Sagen. Nur ein einziges dieser Klischees haftet an mir wie eine widerliche Krankheit, über Generationen vererbt – die Sucht nach Pünktlichkeit.
Und nun sitze ich seit 2 Stunden unter meiner halb vertrockneten Palme, alle 30 Sekunden auf die Uhr starrend. Die exotische Fremde, so lange herbeigeträumt, verliert mit jeder Minute an Glanz, verschleiert von dem einen Gedanken: Wann biegt John endlich mit seinem kleinen roten Gefährt, auf das er so stolz war, um die Ecke?


 
kommentar von martin amanshauser

danke für das lob. meine kommentare müssen ja hart sein, sonst geht nichts weiter. bei eigenen texten bin ich noch härter.
eigenschaften, die mich ausweisen = phrase. das wort ausweisen gehört für mich zjm abschiebungsvokabular. wieso nicht einfacher? etwa: „Ich bin keine typische Deutsche.“ 2. satz: image, germane, schublade, das sind alles modewörter. ich würde das anders ausdrücken, zeitloser. das mit der krankheit gefällt mir.
„alle 30 minuten“ starrt sie auf die uhr. aber dieses starren passt mir nicht. starren ist was längeres. man starrt nicht auf eine uhr, finde ich, das hischauen ist kürzer.
der schluss des textes ist sehr gut.

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