poésie électronique  / vorlesung

übungen zu henri chopins "poésie sonore"

wir haben aus henri chopins performances und referaten, die er als lehrer an der schule für dichtung in den jahren 1992 und 1993 abgehalten hat, schnipsel unterschiedlichster länge ausgewählt und als basismaterial für einen "remix" zur verfügung gestellt.

die audiosoftware ist im weitesten sinne einer tonbandmaschine und ihren grundlegenden funktionen nachgebaut, wobei die digitalen effekte und möglichkeiten natürlich um einiges über die funktionalität einer tonbandmaschine hinaus gehen.

untersuchen sie die sprach- und körpergeräuschsamples auf ihre klanglichen, rhythmischen und semantischen qualitäten. achten sie vor allem auf die klanglichen und rhythmischen eigenheiten der samples und versuchen sie daraus ein musikalisch und erzähltechnisch stringentes audiopoem zu generieren, das die grenze zwischen sprach- geräusch- und musikkomposition zu verwischen vermag.


biografie henri chopin

the body is a soundfactory (henri chopin)

wir sind (...) teil einer technokratischen gesellschaft und wir müssen uns ihrer bedienen. (henri chopin)

ich bereite jedes meiner stücke mental im gedächtnis vor, manchmal während mehrerer monate; es gibt keinerlei notation, keinerlei schrift. zu bemerken ist hierbei, dass ich der einzige dichter der welt bin, der auf diese art und weise arbeitet. (henri chopin)

geboren 1922 in paris, schlüsselfigur, wegweisender pionier und förderer der internationalen visuellen und akustischen poesie/konkreten poesie/lautpoesie/soundpoetry. erfinder der "poésie sonore". autor von klangwerken, bildwerken, skulpturen, theaterstücken, experimentellen filmen. schließt mikrophone am mund und innerhalb des körpers an. setzt den menschlichen körper als ein tönendes instrument ein und konzentriert sich in seinen kompositionen auf den mikrokosmos der durch den kehlkopf erzeugten laute, isoliert mit dem mikrofon zuvor nicht wahrgenommene klänge und verarbeitet sie seit jahrzehnten in zahlreichen elektroakustischen werken.

1955 erste versuche mit dem tonband. wird - gemeinsam mit francois dufrêne und bernhard heidsieck zum begründer der poésie sonore, später zu ihrem hauptsächlichen theoretiker und propagandisten (der begriff "poésie sonore" geht auf chopin zurück). 1956 briefkontakt mit andré breton. "rouge", sein erstes tonbandpoem. 1957 elektroakustische manipulationen, 1964 gründung von "ou", der ersten und viele jahre einzigen schallplatten-edition für audiopoesie. 1967 "open letter to aphonic musicians". 1968 teilnahme am pariser mai. seine frau verliert die französische staatsbürgerschaft. übersiedlung nach london. 1969 erste visuelle gedichte. 1985 rückübersiedlung nach paris. 1992 und 1993 lehrer an der schule für dichtung in wien. seine typewriter-poems, skulpturen, collagen und siebdrucke wurden in über 200 ausstellungen in zahlreichen ländern gezeigt. lebt in dereham, grossbritanien.

publikationen (auswahl): regard total (buch, 1957). cantata for two farts and juan carlos 1 (tape, 1975). les chuitantes respirant (tape, 1979). poésie sonore internationale (buch, 1979). throat power (tape, 1974). vertigo du vertige (tape, 1973). fresco for the inpalpable voice (audiovideo, 1993). urwalzonate (audiovideo 1993, gemeinsam mit den studenten und studentinnen seiner klasse), le corpsbis (1997), les mirifiques tundras & compagnie (1998), j'ose! -defier- (buch, 2000), réalité sonore (buch 2001), la marche de la mort, avant pendant après (buch 2002), LA PEUR and CO (1958-1979) (CD 2002)